Schwangerschaftswoche 12 neigte sich dem Ende zu, Familie und Freunde
wussten Bescheid, ich hielt ein ärztliches Attest in Händen und damit war es
auch an der Zeit, den Arbeitgeber zu informieren. Das hatte mir schon vor Wochen
zusätzliche Kopfschmerzen bereitet, doch nun gab es kein Entrinnen mehr. Ich konnte
ja schlecht warten, bis mein Riesen-Bauch es ohnehin jedem verraten würde.
Warum machte mir das Bauchschmerzen? Mein Arbeitgeber hatte bereits Mitte
des Jahres eine Kollegin aufgrund von Schwangerschaft gekündigt. Diese Aktion
war natürlich rechtlich nicht gedeckt, aber wie ich feststellen musste, lassen
sich Frauen ja einiges gefallen. Selbst wenn sie die Möglichkeit hätten, sich
zu wehren.
Ich rechnete also bereits mit einer ähnlichen Aktion in meinem Fall,
hatte also zumindest den Vorteil, mich rechtlich gründlich zu erkundigen.
Der Termin war schließlich vereinbart, und ich stapfte nervös und nicht
ohne vorher unfreiwillig meinen Magen vom Frühstück zu befreien, zur Chefin.
Dieses erste Gespräch verlief noch relativ harmlos. Ich teilte mittels
ärztlicher Bestätigung meine Schwangerschaft samt voraussichtlichem Geburtstermin
mit, meine Vorgesetzte quittierte dies mit einem „Aja….“ Und zeitverzögert: „Gratuliere.“
und ließ mich wissen, dass ich ja eine erneute Befristung erhalten hatte und
damit mein Beschäftigungsverhältnis während der Karenz enden würde.
Leicht verwirrt erklärte ich, dass meine ursprüngliche Befristung,
welche bis Ende des Jahres 2013 hätte dauern sollen, ja mit Ende September
verlängert worden war, das 2 befristete Dienstverhältnisse hintereinander
gesetzlich nicht erlaubt sind und ich somit in einem unbefristeten Dienstverhältnis
stehen würde. Den Kommentar zur Karenz verkniff ich mir vorerst.
Es folgte kurze Stille und schließlich die Information, dass sie sich da
selbst rechtlich erkundigen müssen und mir dann Bescheid geben würde. Damit war
das Gespräch vorerst beendet und ich etwas erleichtert.
Eine Woche später wurde ich wieder in die Chefetage gerufen. Was dort
folgte, waren 20 Minuten von denen ich hoffe, dass sie keiner schwangeren Frau,
nein, keinem Menschen jemals passieren.
Da ich mit dem Schlimmsten rechnete, hatte ich mit zuvor nochmals
Unterstützung der Gewerkschaft zugesichert.
Kaum ins Büro eingetreten, wurde mir unverblümt und in unglaublicher, fast schon bösartiger Manier, das folgende mitgeteilt:
Man habe sich in der Führungsetage über meinen Fall unterhalten und sei
zu der Entscheidung gekommen, dass es für das Unternehmen viel zu kompliziert
sei, eine schwangere Mitarbeiterin zu behalten. Immerhin müsste ich ja in
Mutterschutz gehen und danach wäre ich Jahre lang in Karenz und das sie für das
Unternehmen einfach nicht tragbar.
Ich unterbrach meine Chefin mit den Worten:
„Wer sagt, dass ich in Karenz gehe?“ –
„Na das ist doch die normale Vorgangsweise…“ –
„In meinem Fall nicht. Mein Mann und ich haben vor, uns die Karenz zu
teilen bzw. kann es sein, dass er die Karenz alleine in Anspruch nimmt und ich
gleich nach dem Mutterschutz wieder arbeiten gehe.“ –
„Aja. Das ist ja dann noch komplizierter für das Unternehmen. So wissen
wir ja gar nicht, wann du zurück kommst und müssten für unbestimmte Zeit einen
Ersatz suchen. Jemanden aus dem Unternehmen können wir ja nicht auf deine
Stelle setzen, da dein Verdienst ein anderer ist. Das wäre der wirtschaftliche
Ruin für uns. Jemand neuen einstellen ist viel zu kompliziert. Also nein, wir
müssen das Dienstverhältnis mit Beginn des Mutterschutzes auflösen.“
Gut, ich hatte zwar bereits mit Widrigkeiten gerechnet, dass mir jedoch
von einer Frau und zweifachen Mutter einfach so im Detail (und das hier war die
Kurzversion) ins Gesicht geschmettert wird, wie untragbar schwangere Frauen für
ein Unternehmen doch sein, schockierte sogar mich. Ich rang um Luft und hörte
mein Herz dermaßen laut klopfen, dass ich Angst hatte, man könnte es noch am
anderen Ende der Welt hören.
Ich sammelte mich und antwortete, in einer mir sehr untypisch ruhigen,
sachlichen und bestimmten Art und Weise (ich muss zugeben, ich neige dazu laut
zu werden und meinen Standpunkt super-vehement zu verteidigen):
„Zunächst möchte ich feststellen, dass ich vom Unternehmen im Gesamten und
von dir als Frau und Vorgesetzte im Speziellen schwer enttäuscht bin. Das ein
soziales Unternehmen mit einem Frauenanteil von knapp 90% so mit Schwangeren
umgeht ist schlichtweg unglaublich und eine Frechheit. Nichts desto trotz
möchte ich dich darauf aufmerksam machen, dass alles was du mir eben gesagt hast,
rechtlich nicht gedeckt ist und ich dies daher nicht auf mir sitzen lassen
werde.“
Leicht pikiert starrte meine Vorgesetze mit an und fragte:
„Heißt das nun, dass du deine rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen
wirst?“-
„Ja, darauf kannst du dich verlassen. Ich hätte außerdem gerne ein
Protokoll dieses Gespräches, in welchem im Detail angeführt wird, dass ich
aufgrund der Schwangerschaft nicht mehr tragbar bin und dass meine im September
vereinbarte Umwandlung der Befristung in ein unbefristetes Dienstverhältnis
aufgrund meiner Schwangerschaft zurückgezogen wird.“ –
„Mach ich.“
Unnötig zu sagen, dass ich dieses Protokoll nie bekam.
In meinem Büro angekommen musste ich erstmal gegen die aufsteigenden
Tränen und die unbändige Wut ankämpfen. Soviel Ungerechtigkeit, selbst in
vorbereitetem Zustand, war für meine Nerven einfach zu viel. Ich steckte
ohnehin gerade in massiver Verdrängung und dann konnte ich mir auch noch von
einer Frau anhören, wie untragbar man schwanger doch sei. Nachdem sich mein Schluchzen
gelegt hatte rief ich bei der Gewerkschaft an und besprach die weitere Vorgangsweise.
Ich erspare euch die Details, das würde einfach zu weit führen. Nur so
viel sei gesagt: solche Aktionen sind in Österreich offenbar an der Tagesordnung,
was mir gleich den nächsten Schock versetzte.
Man bat mich, eine detaillierte
Zusammenfassung der Ereignisse, von Bekanntgabe der Schwangerschaft bis zum
heutigen Gespräch aufzuschreiben und inklusive meiner Dienstverträge via Mail der
Gewerkschaft zu übermitteln.
Der Rest ist Geschichte.
Es wurde ein Brief an die Geschäftsleitung verfasst, in welchem die
Diskriminierung dargelegt wurde und dass das Unternehmen zwei Wochen Zeit
hätte, seine Entscheidung zu revidieren. Andernfalls würde Klage beim Arbeits-
und Sozialgericht eingereicht. Das Unternehmen gab nach 10 Tagen klein bei, und
erklärte in einer Email, dass man da was falsch verstanden hätte und ich
natürlich wie alle anderen MitarbeiterInnen behandelt werden würde und
dementsprechend mit Januar 2014 in einem unbefristeten Dienstverhältnis sein
werde.
Alles ging also gut aus.
Die beiden Wochen, in denen ich darauf warten musste, ob es nun zur Klage
kommt oder nicht, waren jedoch der reine Horror. Schlaflose Nächte, die ohnehin
vorhandene permanente Übelkeit, die unnachlässigen Kopfschmerzen, und dazu die
immer noch fehlende Abgrenzung zu all den Menschen, die einem suggerieren
wollen, dass mit Kind das Leben vorbei sei, waren einfach zu viel.
Die Erleichterung, dass ich im Recht war dafür schließlich umso größer.
Natürlich wurde ich von der Chefetage ab diesem Moment gemieden und auch
nicht mehr am Gang gegrüßt. Das war mir dann aber herzlich egal. Ich hatte mich
erfolgreich gegen die Diskriminierung zur Wehr gesetzt, und somit ein Zeichen für
alle anderen Frauen, die in der gleichen Situation stecken, gesetzt.
Ja es ist unglaublich was passiert und vor allem dass die meisten Frauen sich dagegen nicht wehren. Wer kein Gewerkschaftsmitglied ist wird auch kaum Klage erheben, denn (zumindest hier in DE) muss man sämtliche Kosten selber tragen selbst wenn man im Recht ist. Und ein Anwalt frisst schnell jeden Vergleich auf. Aber gut dass du dich durchgesetzt hast.
AntwortenLöschenSchlimm dass sowas in den Chefetagen sitzt.
Wenn man kein Gewerkschaftsmitglied ist in AT, dann kann man immer noch den kostenlosen Weg über die Arbeiterkammer oder die Gleichbehandlungskommission gehen! Das ist ja das schöne! Das man eigentlich alle Möglichkeiten hätte. Leider scheuen sich viele Menschen (und ich nehme da Männer gar nicht aus! Mein Cousin wollte in Karenz gehen, und der Arbeitgeber meinte nur, dass er dann ersetzt werden würde) den Weg zu gehen, weil sie Angst haben. ICh dachte mir einfach: ich habe nichts zu verlieren und bin das all den anderen diskriminierten Frauen irgendwie schuldig.
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