Montag, 17. Februar 2014

Money money money - die Industrie hinter jeder Schwangerschaft

Nicht genug, dass ich mit allen möglichen hormonellen und körperlichen  Veränderungen zu kämpfen hatte. Zusätzlich wird man, sobald man „guter Hoffnung“ ist, vor zahlreiche finanzielle Entscheidungen gestellt. Damit meine ich nicht die Anschaffung von Mobiliar für ein Kinderzimmer, obschon die Kuriositäten in diesem Bereich auch grenzenlos zu sein scheinen. Nein.

Es beginnt alles mit der Möglichkeit, den kleinen wachsenden Menschen in sich quasi rund um die Uhr begutachten zu können und die Entwicklung des Lebewesens von A-Z zu kontrollieren. Ja, ich meine kontrollieren. Stichwort „pränatale Diagnostik“. Ich will hier gar keine (wissenschaftliche) Debatte über diese durchaus auch sinnvolle medizinische Errungenschaft herauf beschwören. Es ist mir sehr bewusst, dass dieser Fortschritt für einige Menschen durchaus seine Berechtigung und Sinnhaftigkeit hat. Dennoch fühlten wir uns als werdende Eltern zunächst einmal komplett überfordert und in zweiter Linie fast schon verpflichtet, im Wohle des Kindes, alle nur möglichen pränatalen Tests durchführen zu lassen. Als die Gynäkologin uns von den diversen Methoden erzählte, und das wir alsbald eine Entscheidung treffen müssen, welche wir nutzen möchten da es ansonsten „eng mit den Terminen in den Krankenhäusern werden kann“ fühlte ich mich schlichtweg unter Druck gesetzt. Daraus resultierend war meine erste Reaktion, an meinen Mann gerichtet:
„Machen wir alles. Nackenfaltenmessung (€60,-), Combined Test (€200,-), Organscreening (€150,-) und sollten Folgeuntersuchungen notwendig sein, diese auch. Und einen 3D-Ultraschall will ich auch, egal was es kostet, ich will ja wissen, wie mein Baby aussieht!!!“
Man bekommt also einen Zettel mit, auf welchem alle möglichen Untersuchungen draufstehen, kreuzt die gewollten an, und gibt den Zettel alsbald wieder bei der Gynäkologin ab.
Zwei Wochen später stand ich vor der Sprechstundenhilfe, kleinlaut um ein neues Formular bittend.
Wir hatten einfach zu viel herumgekritzelt und im Endeffekt war nicht mehr zu erkennen, was wir jetzt wollten oder ob wir überhaupt irgendetwas wollten.

Schlussendlich haben wir uns, nach reiflicher Überlegung, gegen alle zusätzlichen Untersuchungsmöglichkeiten ausgesprochen. Warum? Die Frage ist doch immer: was mache ich, wenn es eine Wahrscheinlichkeit für eine Missbildung/Behinderung gibt? Manche Tests werden zu einem Zeitpunkt durchgeführt, der weit jenseits des Befruchtungsdatums liegt. Soll heißen, dass Baby wäre zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon spürbar. Und dann treibe ich es noch ab, aufgrund einer Wahrscheinlichkeit? Ich kritisiere hier niemanden, der diese Möglichkeit wahrgenommen hat. Wir haben uns dagegen entschieden, und ich bin heilfroh, denn ganz ehrlich, nachdem sich der kleine Racker in mir das erste Mal bemerkbar gemacht hatte, hätte ich nie und nimmer aufgrund einer Wahrscheinlichkeit eine Abtreibung durchführen lassen können. Dann doch lieber „nur“ die vorgeschriebenen Tests und Ultraschalltermine. Geld gespart haben wir auch. Und zwar eine Menge.

Aber es geht ja noch weiter! Wie bereits erwähnt werden Schwangere ja in allen Bereichen der Industrie aufs Korn genommen. Das beginnt bei der Vermarktung von speziellem Öl zur Verhinderung von Schwangerschaftsstreifen. Je teurer, desto besser wird suggeriert. Würde ich all diese Produkte ernsthaft kaufen, ich schwöre, ich würde kurz vorm Privatkonkurs stehen. €25,- für eine kleine Flasche Öl? Echt? Und die vollbringt dann Wunder? Gut, ich bin ja generell nicht der Typ für teure Kosmetika, und auch die Anzahl der Produkte in meinem Badezimmer lassen sich an einer Hand abzählen. Aber wieviel Geld man für den Gag der „Verhinderung von Schwangerschaftsstreifen“ ausgeben kann, ist ja fast schon skurril. Liebe Frauen, es ist wissenschaftlich belegt, dass es zunächst einmal auf die Beschaffenheit des Bindegewebes ankommt und zweitens regelmäßiges eincremen zwar helfen KANN aber nicht MUSS, diesen unerwünschten Makel einzudämmen. Denn wenn die Veranlagung dazu da ist, hilft auch eine Creme um €25,- nichts mehr. Selbst wenn du darin badest. Eincremen ist natürlich gut und notwendig für die strapazierte Haut in der Schwangerschaft, aber dazu reicht (laut Hautarzt) jedes Hautöl, sogar stinknormales Olivenöl kann man nehmen oder die billigste Hautcreme vom Lidl. Punkt.

Munter weiter geht das Geld-ausgeben schließlich bei Dingen, die Baby laut Werbung dringend braucht. Eine extra Wickelkommode muss her (im Endeffekt eine stinknormale Kommode mit ein paar Laden), die, vermutlich aufgrund der Namensgebung, nicht unter €200,- zu haben ist. Ein Babyschrank (also ein gewöhnlicher Kleiderschrank), eine Babybadewanne (bekommt man zwar schon günstig und braucht man unbestritten auch, es gibt jedoch Modelle um sage und schreibe €150,-. Was die dann genau anders machen, konnte ich nicht herausfinden. Vielleicht baden die das Baby von selbst. Oder haben Internetanschluss.), gefolgt von Babyphones mit Bildschirm und Nachtsichtmodus, damit man das Baby auch IMMER im Blick hat. Kostenpunkt €150,-. Ehrlich, da muss man doch den Kopf schütteln und sich wundern, oder? Auch eine interessante Erfahrung ist der Versuch, sich einen Kinderwagen anzuschaffen. Es gibt Modelle, die kosten €1000, und können gar nix, außer fahren. Die kann man nicht mal umbauen. Ich weiß nicht, wofür man das ganze Geld in diesem Fall bezahlt. Aber vermutlich ist auch hier irgendwo etwas ganz besonders tolles eingebaut, oder der Stoff ist ganz besonders exotisch und trendy. Ich weiß es nicht. ich kann ob dieses Wahnsinns nur meinen Kopf schütteln. Soviel Geld könnte ich gar nicht haben, dass ich alles in solch unnötige Anschaffungen investieren würde. Jedoch kann ich nachvollziehen, dass man durchaus verführt ist, sich das teuerste vom teuersten anzuschaffen um auch wirklich „nur das Beste für das Baby“ zu wollen.  Bei manchen Dingen war auch ich geneigt, den einen oder anderen Euro zu viel auszugeben. Gott sei Dank habe ich jedoch einen sehr vernünftigen und pragmatischen Mann, und eine Mama sowie Freundinnen, die ehrlich sind. Stichwort Wickelkommode (mein favorisiertes Modell hätte €250,- gekostet).
Oh-Ton Mama:
„Um ehrlich zu sein, ich hatte eine. Aber genutzt hab ich sie nie. Das war zu unpraktisch. Ich hab dich gerne am Boden auf einer Decke oder am Küchentisch mit einer darunterliegenden Wickelauflage gewickelt. Und sobald du gekrabbelt bist war an ein wickeln in aller Ruhe sowieso nicht mehr zu denken. Spar dir das Geld und besorg dir eine Wickelunterlage.“
Dank eine lieben Freundin hab ich so ein Ding jetzt daheim. Kostenlos.

Gerne zitiere ich auch wieder einmal meine Oma:
„Mein Gott, deine Mutter hat am liebsten im Wäschekorb geschlafen. Für das Baby zählt sowieso nur, das es bequem ist und dass eine Bezugsperson da ist. Ob das Ding jetzt €500,- gekostet hat oder ausgeliehen ist, ist einem Kind vollkommen schnurz.“

Auch im Sinne eines Umweltgedanken finde ich die Idee vom Ausleihen oder Gebrauchtes schenken lassen gar nicht schlecht. Dem Kind ist es egal, mir auch, wir sparen Geld und die Umwelt wird geschont. Ist doch perfekt, oder?

Für diejenigen, die keine Freundinnen, die bereits Mütter sind, haben: es gibt wunderbare Tauschportale oder Flohmärkte im Internet zu finden. Gibt es was Besseres?

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