Samstag, 15. November 2014

Mann, Frau, Kind. We are family - yeah!!!

Schließlich und endlich ist er also gekommen. Der Tag der Geburt. Wir waren gelassen, wir haben uns gefreut, alles lief gut und bald schon waren wir zu Hause.

Nichts desto trotz möchte ich an meinen vorigen Post anschließen.
Man kennt sich ja selbst immer am Besten, dennoch dachten während meiner Schwangerschaft 90% der Bekannten sie würden mich besser kennen.

Das Bild, dass die Gesellschaft von Müttern hat, ist offenbar unumstößlich verbunden mit:
- dem dringenden Wunsch, nur noch zu Hause zu sein und sich um das Kind zu kümmern
- wieder in den Arbeitsmarkt zurück zu kehren ist in den ersten paar Jahren einfach nicht vorgesehen und auch nicht von der Mutter gewünscht, da sie:
- vollkommen in der Mutterrolle aufgeht und gar nichts anderes mehr will als 24 Stunden pro Tag für das Baby da zu sein
- Papa war zwar bei der Erzeugung dabei, ist aber als Betreuer des Babys nur in Ausnahmesituationen gern gesehen. Der Großteil der Verantwortung liegt bei der Mutter, und die will das auch so.
- Eine Frau die wieder arbeiten gehen will oder gar andere Hobbies hat und über andere Dinge reden kann als das Baby: mit der stimmt doch irgendwas nicht bzw. leidet das Baby ganz bestimmt sehr darunter. Immerhin hat man als Mutter nichts anderes zu wollen als, jawohl, das Baby aufziehen.

Mag polemisch sein. Ist aber, wie ich die Welt erlebe. Und wehe man spricht als Mutter davon, dass man auch noch etwas anderes sein will, als "Mama". Ganz fataler Fehler. Nur andere weltoffene und ehrliche Mütter verstehen das. Für den Großteil ist es ein No-go solche Wünsche und Bedürfnisse auch nur zu formulieren. Das bewusste Wollen von Familie, Beruf und Paar-Sein wird oftmals gleichgesetzt mit Rabenmutter und Kindesvernachlässigung. Eine (zugegeben ältere Arbeitskollegin, die bald in Pension geht) meinte doch tatsächlich: "Also ich hätte mein Kind ja nicht so im Stich lassen können". Dass es für ein Kind mehrere Bezugspersonen geben kann ja sogar soll, im Besten Fall Mama und Papa und Oma's, das wird ausgeblendet. Sogar der Papa wird mit einer Vehemenz und Konsequenz von den meisten Menschen einfach nicht für voll genommen, dass ich schon geneigt war eine Männerinitiative zum Thema "Gleichberechtigung der Männer in der Kindererziehung/-betreuung" zu gründen.

Mittlerweile lächle ich ja milde. Außer ich habe ein Glas Wein getrunken. Oder zwei. Dann lass ich mich auf Diskussionen ein. Ja, ich bin Mama und trinke Wein!!!!

Und daher gleich der Schwenk zu mir, und ich hoffe, einigen anderen Müttern aus der Seele zu sprechen oder Gleichgesinnte zu finden.

Meine Einstellung zu Kindererziehung, Karenz und mehr hat sich nach der Geburt nicht verändert. Viele waren der Meinung, dass dies passieren muss, also die Veränderung meiner Ansichten, aber sie hatten Unrecht. Sie dachten, dass ich plötzlich nicht mehr gerne arbeiten gehen würde, keine Fort-und Weiterbildungen mehr absolvieren will, sondern sich mein Selbstverständnis um 180 Grad wendet und ich in einer von der österreichisch-konservativen Gesellschaft geprägten Mütterrolle komplett aufgehe: also nur noch Windeln wechseln, füttern, "dudu-dada" sagen und Schlaflieder singen will (kindgerechte, bloß keine "Erwachsenenmusik"). Sie kennen mich eben nicht so gut wie ich mich. 

"Wenn das Baby erst mal da ist, willst du gar nicht mehr arbeiten gehen":
Die ehrlich Antwort?
Die ersten 3 Wochen hätte ich ohne meinen Mann nicht überstanden. Ich habe mich erholt, habe gestillt und geschlafen. Er hat gewickelt, mich umsorgt und sich um den Haushalt gekümmert (und zwar ganz, da ich mich ja erholt habe).
Danach war ich allein. Schock. Ich hatte solche Panik davor, und mittlerweile einen Riesenrespekt. Vor allem vor allen AlleinerzieherInnen. Wie macht ihr das????
Dann vergingen 2 weitere Wochen, ich hatte mich an das tagsüber alleine sein mit Baby gewöhnt. Und dann kam sie. Schleichend, obwohl vorhersehbar: die Langeweile.
Natürlich kümmere ich mich gerne um meinen Sohn, natürlich liebe ich meinen Sohn, aber auf diese Langeweile war ich wirklich nicht vorbereitet.
Um den Kreis zu schließen: ich hatte Recht. Ich bin einfach keine von diesen Frauen, die gerne mit Kind zu Hause sitzen und dort voll und ganz in ihrer Rolle als Mutter aufgehen.
Im Gegenteil. Mir fiel die Decke so schnell auf den Kopf, dass ich gar nicht wusste, wie mir geschah.

Trotzdem sehe ich mich als gute Mutter. Ich gestehe es mir ein, dass ich das "nur zu Hause sein" nicht kann. Gleichzeitig möchte ich es gar nicht abwerten, im Gegenteil. Ich habe einen Heidenrespekt vor jeder Frau, die wirklich und ganz zu Hause bleibt und das auch will. 

Dennoch: für mich ist es nichts. Ich will und wollte mehr. Für uns klappt die Rollenverteilung andersrum wunderbar. Mein Mann ist seit unser Sohn 4 Monate alt ist zu Hause in Karenz und wird es bis zum 14. Lebensmonat bleiben. Ich arbeite 30 Stunden und habe außerdem noch freiberufliche Projekte auf Laufen. Er genießt die Zeit zu Hause, macht viel im Haus (ja, Hausarbeit. Natürlich. Das war schon vor unserem Kind so), hat den größten Spaß mit unserem Sohn, und wenn er "müde, ausgelaugt und am Ende ist" nach einem langen Tag komme ich gerade von der Arbeit nach Hause und übernehme. Wir sind ein eingespieltes Team. Nie bin ich so gerne nach Hause gekommen, nie hatte ich soviel Geduld, Spaß und Freude an unserem Sohn wie jetzt. Und an den Wochenenden? Da leben wir manchmal "die österreichische Tradition": Mann bastelt am Haus und baut und werkt herum, Frau kümmert sich ums Kind und kocht und putzt. Und wisst ihr was? Ich liebe es!